Seitdem ich im Kaffeegeschäft bin, schwebt die SCAE wie ein Raumschiff über unserer Branche, für jeden sichtbar aber irgendwie nicht greifbar, enger verbunden mit dem
Mutterschiff in London als mit uns hier unten. Einmal im Jahr gibt es in ihrem Namen eine Feier, aber nur wenn wir sie ausrichten und finanzieren. Und zweimal im Jahr tun sich die Mutterschiffe
der Welt zusammen und stellen im Namen der Competition ein riesiges Event auf die Beine, u.A. unterstützt von Sponsoren die mit der Sache nichts zu tun haben und sich mit unseren Errungenschaften
schmücken.
Seitdem ich an den Kaffeemeisterschaften teilnehme, sind es immer kleine Gruppen von Freiwilligen die in einer großen Kraftleistung diese ausrichten und nach dem zweiten Jahr den Orga-Stab an
neue Freiwillige weiterreichen, welche aber erstmal gefunden werden müssen! Da uns allen die Meisterschaften doch sehr wichtig sind, hat sich bisher immer jemand bereit erklärt. Es ist nur
fraglich wie lange das noch gut gehen kann, denn wir können nicht jedes Jahr auf neue hoffen, dass einige Leute Ihre Freizeit und Nerven opfern und einige Andere mit Ihrem Firmen Geld bereit
stellen, damit wir unser Turnier bespielen können.
Und warum überhaupt?
Und hier sind wir wieder bei dem Raumschiff.
Wenn wir alles organisieren und finanzieren, wer ist eigentlich dieser SCAE?
Jedes Mitglied der SCAE zahlt einen jährlichen Mitgliedsbeitrag, als Person (bis 160€) oder Firma (bis 1300€). Hierfür bekommt man eine Mitgliedsplakette aus Holz und einen Aufkleber. Das Geld
wandert meiner Info nach zum Headquarter nach London.
Die Leistung der SCAE sind Schulungsprogramme mit Zertifizierungen, die SCAE Diploma. Wer diese anbieten möchte, muß allerdings für den Zulassungslehrgang erstmal tief in die Tasche greifen und
sicher wird ein kleiner Betrag an jeder Schulung auch an die Themse gehen. Klingt nach einem guten Geschäft...
Die einzig weitere wahrnehmbare Leistung ist die jährliche Ausrichtung der Kaffeemeisterschaften, nur wird diese, wie beschreiben, von Freiwilligen und Sponsoren getragen. Es gibt für den SCAE
Deutschland e.V. nicht einmal eine bezahlte 20 Stunden Stelle um Finanzen oder organisatorisches zu erledigen!!
Also stellt sich mir die Frage:
Was passiert mit den Mitgliedsbeiträgen? Und warum können diese nicht zur Ausrichtung der einzigen Veranstaltung im Jahr benutzt werden? Die Mieten sind wohl teuer in London, wa? Vielleicht kann
jemand befugtes hierzu Stellung nehmen. Denn die Strukturen, gerade in finanzieller Hinsicht sind bei der SCAE leider total intransparent (so wie Kaffee vor 30 Jahren, Röstgeheimniss und so...
Ihr wißt schon). Vielleicht liege ich auch falsch und es ist alles anders? Nur liegt diese Frage schon lange in der Luft ohne beantwortet zu werden.
Entschuldigt meine Schärfe, aber ich habe langsam genug jedes Jahr erschöpfte und enttäuschte Kollegen vorzufinden, den Tränen oder einem Ausraster nahe, während die Ansprüche an die
Veranstaltung immer höher werden. Internationale Juroren für sechs Disziplinen, eine Bühne mit mehreren genormten Stationen und Maschinen, Backstage das Ganze nochmal. Timekeeper, Runner, Aufbau
und Abbau in Messestandart, Ton- und Lichttechnik, alles im Namen der SCAE aber eigentlich auf Kosten von Nicole, Peter, Thomas und wie sie alle heißen.
Aber die Schuld liegt nicht allein bei der SCAE, denn wir machen ja immer wieder mit! Abseits der Fragen an das Headquarter müssen wir uns fragen, warum wir immer wieder etwas durchführen, dass
so eigentlich nicht funktionieren kann? Wir signalisieren jedes Jahr, dass es ja doch irgendwie klappt, warum erwarten wir Veränderung wenn wir sie nicht einfordern?
Ich nehme mich als Beispiel, für meine Moderation verlange ich von der SCAE ein Honorar. Nicht viel (und bei weitem nicht soviel, wie die Radiomoderatoren der letzten Jahre), mein Satz was ich
sonst für eine zweistündige Moderation bekomme, aber ich habe ein schlechtes Gefühl dabei, da viele Kollegen viel mehr als ich für umsonst leisten. Wiederum muß, wer eine Leistung erwartet,
bereit sein auch dafür zu Zahlen. Ich moderiere die Meisterschaften seit 2011 und aktuell reden wir von fünf Tagen Bühne auf einer großen Endverbrauchermesse von früh bis spät, Livestream,
Sponsoreninterviews, kurz gesagt es muß geliefert werden, bis zu Elf Stunden am Tag. Privat heißt es sieben Tage weg von Familie und Firma. Wenn dies der Rahmen ist, in dem wir unseren Sport
präsentieren müssen, dann sollten wir auch bereit sein für Leistungen zu zahlen. Wenn wir das nicht können, müssen wir uns überlegen ob dies der richtige Rahmen ist in den wir uns Jahr für Jahr
stecken.
Zusammenfassend:
1. Warum werden die Meisterschaften nicht mit den Mitgliedsbeiträgen UND Sponsoren finanziert?
Wir könnten z.B. eine ganzjährliche Halbtagsstelle schaffen um das Chapter zu entlasten und Helfer entlohnen.
2. Wenn die Regeln der Wettbewerbe der SCAE die Attraktivität für Sponsoren mindert (hier mehr dazu), die Regeln
aber eine kostspielige Durchführung erfordern, sollte nicht das ganze Gerüst der Meisterschaften überdacht werden?
3. Was passiert mit den Beiträgen? Und wo ist der Mehrwert einer Mitgliedschaft wenn die Mitglieder alles stemmen und der Verein kassiert?
Diese Fragen sollten wir beantworten bevor wir erneut von vorne anfangen und überlegen wo und wer es nächstes Jahr macht.
Ich liebe die Meisterschaften, ich liebe competition und ich liebe die deutsche Kaffeeszene <3
Aber jährliche Kraftäkte aus Idealismus funktionieren nur wenn die, welche am meisten profitieren vorweg marschieren. Ansonsten bekommt das ganze einen komischen Geschmack.
Tolga
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Tolga (Montag, 28 November 2016 16:13)
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Rolf (Montag, 28 November 2016 19:33)
Stimmt. Die Party steigt wohl wo anders.
Ob das besser wird nach der Zusammenlegung von SCAE und SCAA?
Ich befürchte eher nicht.
Die Frage ist ja, wie ein internationaler Verein überhaupt organisiert ist.
Und wie jetzt und hoffentlich welche Kontrollinstanzen wirken.
Aus meiner Sicht ist die SCAE seinen Mitgliedern einen ganz normalen, klassischen Rechenschaftsbericht schuldig.
Muss nicht mal in deutsch sein.
Thomas Schuster (Montag, 28 November 2016 19:48)
Hi Tolga. Du sprichst mir aus der Seele. Genau deshalb bin ich kein Mitglied bei der SCAE. Ich würde gerne den Jahresbeitrag entrichten, wenn man als Mitglied einen wirklichen Nutzen hat. Ich selber helfe gerne bei den Meisterschaften, weil ich genau so denke wie Tolga und wohl alle anderen Kollegen auch.
Gruß Thomas
Jay (Dienstag, 29 November 2016 11:55)
Mir geht es ähnlich, wie Thomas. Ich würde sehr gerne Mitglied werden, da ich die grundsätzliche Arbeit der SCAE und deren Ableger sehr schätze, so sehr, dass ich mich zweimal zertifizieren lassen hab. Allerdings möchte ich, dass mit den Beiträgen etwas sinnvolles, nützliches geschieht/ entsteht. Sei es ein gefördertes, und entsprechend begleitetes, Netzwerk aus Profis und Semi-Professionellen Hobbyisten oder einfach zur finanziellen Unterstützung bei der Ausrichtung von Wettbewerben. Es ist ja schon großartig, dass die Qulifizierten für die WBC die Reise nach Seoul nicht selber zahlen müssen. Das ist zumindest ein richtiger und wichtiger Schritt, aber bei weitem nicht ausreichend.